Nach der Entdeckung des richtigen Mäanders kommen wir jetzt zur Mäandertechnik. Was soll das sein?
In vorigen Artikeln habe ich gezeigt, wie man aus verschiedenen Mäandern jeweils ein Labyrinth erzeugen kann. Das Ergebnis waren teils schon bekannte Labyrinthtypen, aber auch bisher unbekannte.
Das am meisten bekannte 7-gängige klassische (kretische) Labyrinth wird aus dem ebenfalls bekannten Grundmuster erzeugt und so sind wohl die meisten historisch bekannten, einachsigen Labyrinthe entstanden. Man könnte dieses Verfahren als Grundmustermethode bezeichnen.
Ein 7-gängiges klassisches Labyrinth lässt sich aber auch aus zwei aneinandergefügten Mäandern des Typs 4 erzeugen. Wenn ich nun mehrere Mäander aneinanderhänge, kann ich daraus eine Linienfolge ableiten und damit ein Labyrinth produzieren. Das würde ich die Mäandermethode nennen.
Aus 1 Mäander vom Typ 4 erhalte ich ein 3-gängiges Labyrinth mit 2 Wendepunkten und der Wegfolge 0-3-2-1-4.
Ich kann das Labyrinth bezeichnen als: 3-gängiges klassisches Labyrinth mit größerer Mitte oder als 3-gängiges Knidos Labyrinth oder als 3-gängiges Mäanderlabyrinth oder als Knossos Labyrinth.
Möglich wäre jeweils der Zusatz: mit 2 Wendepunkten und der Wegfolge 0-3-2-1-4.
Im Katalog von Andreas Frei heißt dieser Typ „Knossos„.
Aus 2 Mäandern des Typs 4 erhalte ich ein 7-gängiges Labyrinth mit 4 Wendepunkten und der Wegfolge 0-3-2-1-4-7-6-5-8.
Ich kann das Labyrinth bezeichnen als: 7-gängiges klassisches Labyrinth mit größerer Mitte oder als 7-gängiges Knidos Labyrinth.
Es ist das älteste und am weitesten verbreitete Labyrinth und wird auch kretisches Labyrinth genannt.
Möglich wäre jeweils der Zusatz: mit 4 Wendepunkten und der Wegfolge 0-3-2-1-4-7-6-5-8.
Im Katalog von Andreas Frei heißt dieser Typ „Das Kretische„.
Aus 3 Mäandern des Typs 4 erhalte ich ein 11-gängiges Labyrinth mit 6 Wendepunkten und der Wegfolge 0-3-2-1-4-7-6-5-8-11-10-9-12.
Ich kann das Labyrinth bezeichnen als: 11-gängiges klassisches Labyrinth mit größerer Mitte oder als 11-gängiges Knidos Labyrinth.
Die Linienführung für dieses Labyrinth ist aus einem Manuskript von 868 n. Chr. bekannt und wird allgemein Typ Otfrid genannt.
Möglich wäre jeweils der Zusatz: mit 6 Wendepunkten und der Wegfolge 0-3-2-1-4-7-6-5-8-11-10-9-12.
Im Katalog von Andreas Frei heißt dieser Typ „Otfrid„.
Aus 4 Mäandern des Typs 4 erhalte ich ein 15-gängiges Labyrinth mit 8 Wendepunkten und der Wegfolge 0-3-2-1-4-7-6-5-8-11-10-9-12-15-14-13-16.
Ich kann das Labyrinth bezeichnen als: 15-gängiges klassisches Labyrinth mit größerer Mitte oder als 15-gängiges Knidos Labyrinth.
Möglich wäre jeweils der Zusatz: mit 4 Wendepunkten und der Wegfolge 0-3-2-1-4-7-6-5-8-11-10-9-12-15-14-13-16.
Dieses Labyrinth ist meines Wissens historisch nicht belegt, also ein neuer Typ.
Die Serie ließe sich fortsetzen und ich bekäme lauter neue Labyrinthe.
Das Prinzip dürfte jedenfalls klar sein: Ich hänge einen zusätzlichen Mäander an und erhalte dadurch vier Umgänge mehr (beim Typ 4).
Die Regeln: Jeder Mäander ergibt 2 Wendepunkte. Die Anzahl der Umgänge ergibt sich nach der Formel: U = (a x b) – 1. Wobei U die Anzahl der Umgänge, a die Anzahl der Mäander und b die Typ Nr. ist.
Das wenden wir jetzt auf Typ 6 an und schauen die daraus erzeugten Labyrinthe an.
Aus 1 Mäander Typ 6 erhalte ich ein 5-gängiges Labyrinth mit 2 Wendepunkten und der Wegfolge 0-5-2-3-4-1-6.
Ich kann das Labyrinth bezeichnen als: 5-gängiges klassisches Labyrinth mit größerer Mitte oder als 5-gängiges Knidos Labyrinth.
Möglich wäre jeweils der Zusatz: mit 2 Wendepunkten und der Wegfolge 0-5-2-3-4-1-6.
Dieses Labyrinth ist meines Wissens historisch nicht belegt, also ein neuer Typ.
Aus 2 Mäandern des Typs 6 erhalte ich ein 11-gängiges Labyrinth mit 4 Wendepunkten und der Wegfolge 0-5-2-3-4-1-6-11-8-9-10-7-12.
Ich kann das Labyrinth bezeichnen als: 11-gängiges klassisches Labyrinth mit größerer Mitte oder als 11-gängiges Knidos Labyrinth.
Es entspricht dem 11-gängiges klassischen (kretischen) Labyrinth, das sich auch aus dem Grundmuster erzeugen lässt und den meisten historischen Trojaburgen zugrunde liegt. Dort hat es allerdings eine kleinere Mitte.
Möglich wäre jeweils der Zusatz: mit 4 Wendepunkten und der Wegfolge 0-5-2-3-4-1-6-11-8-9-10-7-12.
Im Katalog von Andreas Frei heißt dieser Typ „Hesselager„.
Aus 3 Mäandern des Typs 6 erhalte ich ein 17-gängiges Labyrinth mit 6 Wendepunkten und der Wegfolge 0-5-2-3-4-1-6-11-8-9-10-7-12-17-14-15-16-13-18.
Ich kann das Labyrinth bezeichnen als: 17-gängiges klassisches Labyrinth mit größerer Mitte oder als 17-gängiges Knidos Labyrinth.
Möglich wäre jeweils der Zusatz: mit 6 Wendepunkten und der Wegfolge 0-5-2-3-4-1-6-11-8-9-10-7-12-17-14-15-16-13-18.
Dieses Labyrinth ist meines Wissens historisch nicht belegt, also ein neuer Typ.
Auch hier könnte ich weitermachen. Doch das erzeugte nur riesige und „unhandliche“ Labyrinthe.
Wir gehen lieber zu Typ 8.
Aus 1 Mäander Typ 8 erhalte ich ein 7-gängiges Labyrinth mit 2 Wendepunkten und der Wegfolge 0-7-2-5-4-3-6-1-8.
Ich kann das Labyrinth bezeichnen als: 7-gängiges klassisches Labyrinth mit größerer Mitte oder als 7-gängiges Knidos Labyrinth.
Möglich wäre jeweils der Zusatz: mit 2 Wendepunkten und der Wegfolge 0-7-2-5-4-3-6-1-8.
Dieses Labyrinth ist meines Wissens historisch nicht belegt, also ein neuer Typ.
Aus 2 Mäandern des Typs 8 erhalte ich ein 15-gängiges Labyrinth mit 4 Wendepunkten und der Wegfolge 0-7-2-5-4-3-6-1-8-15-10-13-12-11-14-9-16.
Ich kann das Labyrinth bezeichnen als: 15-gängiges klassisches Labyrinth mit größerer Mitte oder als 15-gängiges Knidos Labyrinth.
Es entspricht dem 15-gängiges klassisches Labyrinth (Trojaburg), das sich auch aus dem Grundmuster erzeugen lässt.
Möglich wäre jeweils der Zusatz: mit 4 Wendepunkten und der Wegfolge 0-7-2-5-4-3-6-1-8-15-10-13-12-11-14-9-16.
Im Katalog von Andreas Frei heißt dieser Typ „Tibble„.
Bei 3 Mäandern des Typs 8 erhalten wir 23 Umgänge nach der Formel: (3 mal 8) minus 1 = 23 Umgänge mit 6 Wendepunkten. Das ersparen wir uns.
Wir bekommen also mit dieser Methode, die ich mit Mäandertechnik bezeichnen möchte, sowohl bekannte als auch bisher unbekannte Labyrinthtypen.
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Man kann auch verschiedene Mäander Typen kombinieren, etwa Typ 4 mit Typ 6 (Labyrinth Löwenstein 9a, 9b). Oder Mäander mit Serpentinen kombinieren (Löwenstein 5a, 5b; Cakra-vyuh). Dann gibt es noch die Möglichkeit, die Mäander nicht über dazwischenliegende Umgänge, sondern direkt an der Achse zu verbinden (St. Gallen, Gossembrot 53).
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Danke Andreas,
die Sache mit den Kombinationen hatte ich für Teil 2 aufgehoben. Und die Löwenstein-Varianten hatte ich auch auf Deiner Website gefunden.
Es gibt viele Wege ein Labyrinth zu „bauen“. Und es gibt noch viele unbekannte zu entdecken.
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