Der Ursprung des Mäanders

Hier interessiert vor allem der Zusammenhang und die Verwandtschaft von Mäander und Labyrinth. Das Labyrinth lässt sich gesichert erst seit 1220 v. Chr. nachweisen (das Tontäfelchen von Pylos). Der Mäander kommt jedoch schon im Paläolithikum vor, ist also sehr viel älter. Mit dem Nachweis der Verbindung von Mäander und Labyrinth wäre auch der Ursprung des Labyrinths viel älter zu datieren als es bisher möglich war. Ein historischer Beweis dürfte jedoch schwierig sein, denn erst mit heutigen Einsichten in die Struktur beider Objekte lässt sich eine Ähnlichkeit feststellen.

Zum Mäander heißt es in Wikipedia:

Der Mäander ist ein seit der Jungsteinzeit verwendetes orthogonales Ornament.

und weiter:

In der griechischen Antike steht dieses Ornament für die Erlangung der Ewigkeit als Dauer in der Zeit durch Reproduktion.

Nach der Prähistorikerin und Anthropologin Marija Gimbutas (1921-1994) liegt der Ursprung des Mäanders im Jungpaläolithikum (ab 40000 v. Chr.). Die mäandrische Schlange und das fortlaufende Mäandermuster tauchen erstmals in der Kunst des Jungpaläolithikums auf.

Sie schreibt dazu:

Von Anfang an wurde der Mäander nicht nur als Ornament verwendet; er war ein Symbol, eine Metapher für Wasser.

Jungpaläolithischer Elfenbeinarmreif mit Sparren und Mäander

Jungpaläolithischer Elfenbeinarmreif mit Sparren und Mäander, Mezin (18000 – 15000 v.Chr.) / Quelle: Marija Gimbutas, Die Sprache der Göttin, 1995, Abb. 38

Jodi Lorimer meint in ihrem Buch: „Dancing at the Edge of Death – The Origins of the Labyrinth in the Paleolithic“, dass das Labyrinth in den Höhlenmalereien dieser Epoche seinen Ursprung hat. In den Darstellungen von Geschöpfen mit menschlichem Leib und animalischen Köpfen sieht sie erste Hinweise auf den Minotauros in der griechischen Mythologie.

Doch erst im Antiken Griechenland (ab 800 v. Chr.) finden sich Hinweise über den Zusammenhang von Mäander und Labyrinth.

Für den ungarischen, klassischen Philologen und Religionswissenschaftler (1897 – 1973) Karl Kerényi ist der Mäander die Figur eines Labyrinths in linearer Form.

Laut Hermann Kern (Labyrinthe, 1982, S. 14) konnte der Mäander ab dem 5. Jhdt. v. Chr. als Kürzel für das Labyrinth stehen.

Andere sprechen von Zeichen oder Ideogramm für das Labyrinth (Quelle: Eva Wilson, British Museum Pattern Books: Roman Designs, 1999, Seite 12).

Das Labyrinth ist vorgriechischen Ursprungs,  jedoch nicht so alt wie der Mäander. Die geometrische Labyrinthfigur hat sich vermutlich aus dem wohlbekannten Grundmuster entwickelt.
Die Zusammenhänge zwischen Mäander und Labyrinth sind wahrscheinlich erstmals im antiken Griechenland erkannt worden. Durch die gemeinsame Bewegungsform sind sie miteinander verwandt.
Die Konstruktion des Labyrinths aus dem Mäander geschieht durch die Übernahme des Bewegungsmusters. Beide Figuren haben eine kunstvoll verschlungene Linie mit Anfangs- und Endpunkt.

Verwandte Artikel

2 Gedanken zu „Der Ursprung des Mäanders

  1. Mit der sog. Mäanderlinie versuchte man einst die Jahresteile (die Sonnenstufen) in eine geschlossene Zeitenlinie zu überführen, meine ich. Mit drei Sonnenstufen begann diese Entwicklung, die Sonne stand hoch, mittig oder tief. Jede Denkschule wollte ein eigenes Zeitsymbol erzeugen. Das Fließen der Zeit wurde oft mit dem Lauf des Wassers verglichen und umschrieben. Die Ewigkeit war gemeint, hört man… Anhand der Mäanderlinien sieht man, mit wievielen Sonnenstufen diese Denkschule gerade operierte. Die Schalen und Dosen, auf denen solche Mäanderlinien vorgeführt wurden, die bilden (räumlich) den „Sonnenring“ ab (Ouroboros, Ofa, Aura…), wie hier dargestellt wird: https://maundgo.wordpress.com/fruhe-himmelskunde/der-sonnenring-ouroboros/
    In dieses „Laufrad der Sonne“ setzen die Mäanderlinien ihre Schleifen hinein. –
    Und die Labyrinthe schlängeln sich manchmal durch vier Viertel eines Quadrates oder eines Kreises, damit waren sicher vier Viertel des Zeitkreises gemeint. Sonnenstufen deklinierte man ja zunächst „hinauf in den Sommer“ und hinab zum Winter. –
    Das man sich im Lauf der Zeit verlaufen, darin sogar abhanden kommen kann, berichten die Mythen ja auch. Man konnte sich bestimmt auch bald in den unterschiedlichen Zeitbetrachtungsmodellen verwickeln, zwischen denen man umrechnen lernen mußte.

    Gefällt 1 Person

  2. Pingback: Das Babylonische Eingeweidelabyrinth, Teil 2 | bloggermymaze

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..