Rély 2

Im letzten Beitrag habe ich die drei querenden Labyrinthe von Dom Nicolas de Rély vorgestellt (siehe: verwandte Beiträge 1, unten). Hier will ich näher auf das Labyrinth Rély 2 eingehen. Auf den ersten Blick sieht es nach einem 8-achsigen Labyrinth mit 15 Umgängen aus. Seine Hauptachse zeigt nach rechts. 

Abbildung 1. Rély 2
Abbildung 1. Rély 2

Für die weitere Analyse habe ich das Labyrinth gedreht, so dass die Hauptachse nach unten ausgerichtet ist (Abb. 2). Durch Verschieben von zwei Wendestellen im oberen rechten Quadranten und einer Wendestelle im unteren rechten Quadranten lässt sich die Anzahl der Achsen von 8 auf 6 verringern. Ich unterstelle dabei, dass Wendestellen, die aneinander ausgerichtet werden können, auch ausgerichtet werden. So kann man das Labyrinth mit der minimal nötigen Anzahl Achsen zeichnen. 

Der Weg von Rely 2 quert die Hauptachse vom 7. auf den 12. Umgang, wie durch die rot eingezeichnete Strecke Ariadnefaden gekennzeichnet ist. 

Zudem enthält das Labyrinth als innersten einen vollständigen 15. Umgang (ebenfalls rot eingezeichnet). Von diesem erreicht der Weg dann das Zentrum. 

Das Labyrinth hat noch eine Besonderheit, die ich bisher übersehen habe. Beim Eintritt ins Labyrinth biegt der Weg auf den fünften Umgang, aber er führt auch noch axial in den 6. Umgang in eine Sackgasse hinein, was mit dem roten Kreuz markiert ist. 

Abbildung 2. Analyse
Abbildung 2. Analyse

In Abbildung 3 zeige ich das Muster des Labyrinths, korrigiert auf 6 Achsen. (Zum Muster bei querenden Labyrinthen siehe: verwandte Beiträge 3)

Abbildung 3. Muster
Abbildung 3. Muster

Rély 2 ist somit ein uninteressantes Labyrinth. Der innerste Umgang kann ohne Verlust weggelassen werden. Aber selbst wenn dieser Umgang entfällt, erhalten wir ein wenig interessantes Labyrinth. Der Weg würde dann wieder vom innersten (14.) Umgang ins Ziel geführt. 

Das ganze Labyrinth sieht nicht nach einer wirklich gut durchdachten Konstruktion aus. Das wird besonders in der originalen Fassung mit 8 Achsen deutlich, in der die Wendestellen ziemlich willkürlich verteilt sind. 

Rély 2 ist nicht das einzige Labyrinth, das eine unnötig grosse Anzahl von Achsen hat. Ein besonders prominentes Beispiel habe ich auf diesem Blog schon vorgestellt, das „komplizierte Labyrinth“ von Sigmund Gossembrot (verwandte Beiträge 2). Während bei Gossembrot wohl die Absicht vorlag, Unklarheit und Verwirrung zu stiften und das Labyrinth vom Typ Chartres in einen Irrgarten zu überführen, scheint mir bei Rély die Absicht gewesen zu sein, besonders komplexe Labyrinthe mit vielen Achsen zustande zu bringen. 

Verwandte Beiträge:

  1. Die querenden Labyrinthe von Dom Nicolas de Rély
  2. Sigmund Gossembrot / 6
  3. Das Muster bei nicht alternierenden Labyrinthen
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