Heterogene Keimstrukturen
In den bisherigen Beiträgen zum Man-in-the-Maze Labyrinth (siehe: verwandte Beiträge, unten) habe ich Labyrinthe mit homogenen Keimstrukturen gezeigt. Homogen nenne ich Keimstrukturen, die aus einer Serie von lauter gleichen Elementen bestehen.

Abbildung 1. Einfache, 2 verschachtelte, 4 verschachtelte Wenden
Gezeigt habe ich Keimstrukturen mit lauter einfachen (nicht verschachtelten) Wenden sowie mit lauter gleichen Elementen aus 2 und aus 4 verschachtelten Wenden. Einfache Wenden (Abb 1., linke Figur) haben die Labyrinthe vom Typ Löwenstein 3, Näpfchenstein, Casale Monferrato und das einfachere der beiden 7-gängigen Labyrinthe aus Teil /3 dieser Serie. Es sind dies die Labyrinthe, deren Muster eine Serpentine von aussen nach innen beschreibt. Die Keimstrukturen der Labyrinthe vom Typ Knossos, vom Kretischen Typ und vom Typ Otfrid sind nur aus Elementen mit 2 verschachtelten Wendestellen (Abb. 1, mittlere Figur) zusammengesetzt (siehe auch Teil /4). Das grössere der beiden 7-gängigen Labyrinthe aus Teil / 3 hat 2 Elemente mit 4 verschachtelten Wendestellen (Abb. 1, rechte Figur).
Die meisten Labyrinthe haben allerdings eine gemischte – ich nenne sie daher heterogene – Keimstruktur. Ich zeige hier an zwei Beispielen, was damit gemeint ist. Das erste Beispiel ist das Labyrinth, das ich üblicherweise für Demonstrationszwecke verwende, sozusagen mein Demonstrationslabyrinth. Es ist das Labyrinth, das der Arnol’d’schen Figur 5 entspricht, die ich in diesem Beitrag auch schon vorgestellt habe.

Abbildung 2. Keimstruktur mit einfacher, 2 verschachtelten und 3 verschachtelten Wenden
Die Keimstruktur dieses Labyrinths ist aus unterschiedlichen Elementen zusammengesetzt. Ihre rechte Hälfte besteht aus einem Element mit drei verschachtelten Wenden (Abb. 2, rechte Figur). Die linke aber besteht aus zwei anderen Elementen. Eines ist eine unverschachtelte Wende (Abb. 2, linke Figur), das andere hat zwei verschachtelte Wenden (Abb. 2, mittlere Figur).
Wieviele Ringe benötigt nun eine solche Keimstruktur in der MiM-Hilfsfigur? Aus den vorangegangenen Beiträgen ist bekannt, dass Keimstrukturen mit einfachen Wenden ohne Verschachtelung 1 Umgang, solche mit 2 verschachtelten Wenden 2 Umgänge u.s.f. belegen. Also ist der Gedanke naheliegend, dass für diese Keimstruktur 3 Umgänge benötigt werden. Denn so viele benötigen wir, um die 3 Wenden der rechten Hälfte unterbringen.

Abbildung 3. Keimstruktur aus Abb. 2 im MiM-Stil
Das trifft auch tatsächlich zu. Die einfache Wendestelle links oben in der Keimstruktur belegt den innersten Umgang der Hilfsfigur (Abb. 3, linke Figur). Die zwei verschachtelten Wendestellen links unten belegen zwei Umgänge (Abb 3, mittlere Figur). Die drei verschachtelten Wenden der rechten Hälfte der Keimstruktur belegen 3 Umgänge der Hilfsfigur (Abb 3, rechte Figur). Die Anzahl der Umgänge wird also bestimmt von dem Element, das die meisten verschachtelten Wendestellen hat.
Aber es gibt noch weitere Auswirkungen auf die Gestalt der Keimstruktur im MiM-Stil.

Abbildung 4. Keimstruktur aus Abb. 3 mit verlängerten Enden
Bei heterogenen Keimstrukturen liegen nicht alle Enden auf dem gleichen Ring der Hilfsfigur (Abb. 4, linke Figur). Trotzdem werden für die Keimstruktur natürlich 3 Umgänge gebraucht. Es ist daher sinnvoll, die weiter innen liegenden Enden nach aussen zu verlängern, so dass alle auf demselben Ring der Hilfsfigur liegen. Einige der Punkte werden zu Linien verlängert und auch einige Linien werden verlängert (Abb. 4, mittlere Figur). Das Resultat sieht man in der rechten Figur der Abb. 4.
Um mein Demonstrationslabyrinth im MiM-Stil zu zeichnen, benötigen wir somit 5 Umgänge für das Labyrinth, 1 Umgang für das Zentrum und 3 Umgänge für die Keimstruktur (Abb. 5).

Abbildung 5. Demonstrationslabyrinth im MiM-Stil
Das zweite Beispiel gibt mir die Gelegenheit, auf ein sehr schönes historisches Labyrinth aufmerksam zu machen.

Abbildung 6. Keimstruktur des Labyrinth-Typs Cakra-vyuh
Die Abb. 6 zeigt die Keimstruktur und ihre Variation in den MiM-Stil für das Cakra-vyuh Labyrinth. Dieses hat 11 Umgänge und ist selbstdual. Es ist aber in der Klassifikation nach Tony Phillips ein uninteressantes Labyrinth. In unserem Zusammenhang interessant ist, dass seine Keimstruktur aus Elementen mit einfachen (unverschachtelten) und mit zwei verschachtelten Wenden zusammengesetzt ist. Vier der 24 Enden, vier Punkte, liegen auf dem zweit-innersten Ring. Die übrigen 20 Enden, 16 Linien und 4 Punkte, liegen auf dem dritten Ring von innen. Wir verlängern also wiederum die vier Punkte zu Linien, so dass alle 24 Enden auf dem dritten Ring von innen liegen.

Abbildung 7. Labyrinth vom Typ Cakra-vyuh im MiM-Stil
Um das Cakra-vyuh Labyrinth im MiM-Stil zu zeichnen, wird also eine Hilfsfigur mit 24 Speichen und 15 Ringen (11 Umgänge für das Labyrinth + 1 für das Zentrum + 2 für die Keimstruktur = 14 Umgänge), d.h. 15 Ringe benötigt.
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P.S.: Zum Glück benötigt die Keimstruktur des Typs Cakra-vyuh im MiM-Stil gleich viele Umgänge wie die vom Typ Otfrid. So kann man für die Zeichnung einfach die Begrenzungsmauern (schwarz) des Typs Otfrid im MiM-Stil (aus Teil / 4) verwenden und die Keimstrukturen (blau) vertauschen.
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