Nicht alternierende Labyrinthe
In allen bisherigen Beiträgen mit Ausnahme des zweiten Teils dieser Serie (siehe: verwandte Beiträge unten) habe ich alternierende Labyrinthe gezeigt. Das sind die Labyrinthe, bei denen der Weg die Achse nicht quert. Es gibt aber auch Labyrinthe, bei denen der Weg die Achse (bei mehrachsigen Labyrinthen: Hauptachse) quert. Diese werden nicht-alternierend genannt. Ein besonders schönes Beispiel ist das Labyrinth aus einer Handschrift des 10./11. Jh. der Stiftsbibliothek St. Gallen. Erwin hat es in diesem Blog auch schon gezeigt, und ich habe darüber in Caerdroia 38 (2008) geschrieben.
Aus Teil / 2 dieser Reihe ist bekannt, dass im Prinzip auch nicht alternierende Labyrinthe im MiM-Stil gezeichnet werden können. Denn das Schneckenhauslabyrinth ist ein nicht alternierendes Labyrinth. Bei ihm quert der Weg 2 Mal die Achse. Einmal vom äussersten auf den zweiten Umgang und das andere Mal vom zweit-innersten auf den innersten Umgang.
Beim Labyrinth von St. Gallen (Abb. 2) kommt der Weg jedoch vom äussersten Umgang, biegt nach rechts ab, verläuft achsial bis zum innersten Umgang und biegt dann nach links ab, ohne die Richtung (im Uhrzeigersinn) zu ändern. Wie sieht nun die Keimstruktur dieses Labyrinths und ihre Variation in den MiM-Stil aus?
Abb. 3 zeigt die Keimstruktur meines Demonstrationslabyrinths aus Teil / 5 dieser Serie (Figuren a und b) im Vergleich mit der Keimstruktur des Labyrinths von St. Gallen (Figuren c und d). Die Keimstruktur des Demonstrationslabyrinths hat eine zentrale vertikale Linie. Diese markiert die zentrale Begrenzungsmauer, an der die Wenden des Weges anliegen (Fig. a). Das ist bei allen alternierenden Labyrinthen so. Variiert man die Keimstrukturen alternierender Labyrinthe in den MiM-Stil, bleiben die zentrale Linie und der innerste Ring erhalten (Fig. b). Die Hilfsfiguren von alternierenden Labyrinthen haben alle zwei zentrale vertikale Speichen und einen intakten innersten Ring. Beim Labyrinth von St. Gallen ist das anders. Die Keimstruktur hat zwei gleichwertige vertikale Linien. Zwischen diesen Linien verläuft der Weg auf der ganzen Länge der Achse (Fig. c). Das vertikale Zentrum ist hier nicht eine Begrenzungsmauer, sondern das achsiale Wegstück. Bei der Variation in den MiM-Stil finden wir keine zentrale Mauer und der innerste Ring wird durchbrochen. Die Hilfsfigur für das Labyrinth von St.Gallen hat denn auch keine vertikalen Speichen (Fig. d).
Man kann also nicht alternierende Labyrinthe auf die gleiche Weise wie alternierende im MiM-Stil zeichnen. Die Keimstruktur des Labyrinths von St. Gallen hat zwei Elemente mit einfachen und zwei mit zwei verschachtelten Wenden und zusätzlich das achsquerende Wegstück. Sie belegt in der MiM-Hilfsfigur 2 Umgänge. Dies entspricht den Elementen mit zwei verschachtelten Wendestellen. Für das achsquerende Wegstück wird kein zusätzlicher Umgang benötigt, da der innerste Ring durchbrochen ist und den Weg mitten durch die Keimstruktur lässt.
Und hier zum Schluss noch mein Logo im MiM-Stil (Abb. 5).
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Lieber Andreas,
es ist immer wieder erstaunlich, was doch alles im Labyrinth steckt.
Und dieser MiM-Stil zeigt wie faszinierend ein „altes“ Labyrinth wie der Typ St.Gallen sein kann. Schön, dieser Weg durch die Mitte. Der Satz: „Ab durch die Mitte“ bekommt da eine ganz neue Bedeutung.
Danke für diesen Beitrag
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Lieber Erwin
Ja, dieser MiM-Stil ist wirklich etwas Besonderes und beschäftigt mich auch stark. Jetzt beherrschen wir ihn allmählich, aber wir wissen immer noch nicht, wer und wie zuerst ein Labyrinth auf diese Weise in die Welt gesetzt hat. Das kann ich mit meinen Beiträgen aber auch nicht beantworten.
Bei der Arbeit an diesem Beitrag ist mir auch noch klar geworden, dass das Labyrinth von St. Gallen zu einer speziellen Gruppe der nicht alternierenden Labyrinthe gehört. Das hat mit dem „Ab durch die Mitte“ und zwar von ganz aussen nach ganz innen (oder umgekehrt) zu tun.
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